In allen
politischen Lagern der Bundesrepublik Deutschland wird mit unterschiedlichen
Konzepten das Projekt eines unbedingten Grundeinkommens diskutiert. Der Begriff
des Grundeinkommens selbst ist dabei im Streit. Es lässt sich definieren als
ein subjektives Recht jedes einzelnen Menschen auf eine Geldleistung durch das
politische Gemeinwesen, dem er angehört, ein Anspruch der nicht nur die
Existenz sichern, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen soll. Er
unterscheidet sich von dem Modell der Grundsicherung dadurch, dass er weder von
der Bereitschaft abhängt, angebotene Arbeit aufzunehmen, noch davon, dass die
Bedürftigkeit geprüft wird.
Mit § 7 SGB II folgt das geltende Recht demgegenüber dem Modell der
Grundsicherung. Sie tritt ein, wenn private Vorsorge oder die auch aufgrund
Eigenleistung erworbenen Ansprüche aus der Sozialversicherung nicht mehr ausreichen.
Private Vorsorge setzt nun aber eine Entlohnung voraus, die es erlaubt, für
Notfälle Geld zurückzulegen. Dies wird durch Entwicklungen im Niedriglohnsektor
in Frage gestellt, welche die Vergütungen unter die Lebenshaltungskosten
drücken. Gleichzeitig ist auch die Finanzierung des Sozialversicherungssystems
in Gefahr geraten. Es beruht es nämlich auf Sozialabgaben, die an
typischerweise auf Dauer angelegte Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse
anknüpfen, die in Zeiten hoher Erwerbslosigkeit im Schwinden begriffen sind.
Immer mehr Menschen werden daher von staatlicher Grundsicherung abhängig. Je
größer damit der Finanzbedarf wird, desto mehr Steuermittel müssen zur Deckung
aufgebracht werden und desto geringer wird die Akzeptanz der Steuerzahler,
steigende Abgaben zu zahlen. Mit der „Hartz-Reformen“ hat der Gesetzgeber auf
dieses Dilemma reagiert und die staatliche Grundsicherung neu geregelt, dabei
aber auch die Anforderungen an die Bedürftigkeit und die Arbeitsaufnahme
verschärft. Dies hat eine breite sozialpolitische Diskussion ausgelöst, zu der
auch die Debatte um ein bedingungsloses Grundeinkommen zählt.
Die Sommerakademie macht es sich zur Aufgabe, die gegenwärtigen Ansätze für ein bedingungsloses Grundeinkommen auf ihre geistesgeschichtlichen Wurzeln zurückzuführen. Eine Gedankenlinie führt dabei zur Idee eines ursprünglichen Gemeinbesitzes der Menschheit an allen Dingen auf der Erde, eine Idee die bis in die Neuzeit hinein auch dazu diente, Sozialbindungen des Privateigentums zu legitimieren. Dieses Konzept wurde in den Hintergrund gedrängt durch Lockes Theorem vom Arbeitseigentum, an das ein anderer Traditionsstrang anknüpft, der bis in die heutige Diskussion reicht. In diesen Strang sind freilich verschiedenfarbige Fäden eingewoben. Während einer von ihnen die Resultate individueller Arbeitsleistung als gesellschaftlich vermittelt und daher sozialgebunden denkt, fasst ein anderer das Grundeinkommen als „negative Einkommenssteuer“ auf und begreift es damit als Gegenstück zu Besteuerungsgrenzen, die das Existenzminimum schützen sollen.
Diesen Themen will sich die Sommerakademie durch einführende Vorträge, gemeinsamer Lektüre in Arbeitskreisen und gemeinsamer Diskussion im Plenum nähern, um in der Fundgrube der philosophischen Tradition Antworten auf die gegenwärtigen Fragen zu suchen.